Das frisch verheiratete Paar Jason Corbett und Molly Martens möchte sich in den USA sein märchenhaftes Leben aufbauen. Doch stattdessen endet ihre Beziehung – und Corbetts Leben – in etwas, das eine Ermittlerin als «einen der blutigsten Tatorte» bezeichnet, den sie «seit langer Zeit» gesehen hat.
Wie das glückliche Paar in diese grausame Situation geriet, ist das Thema der neuen Netflix-Dokumentation «A Deadly American Marriage». Denn der Fall wirft – trotz Urteil – auch noch zehn Jahre später Fragen auf.
2006 verliert der Ire Jason Corbett seine Ehefrau und sucht danach nach einer Nanny für die beiden Kinder Sarah und Jack. So lernt er 2008 die Amerikanerin Molly Martens kennen. Sie arbeitet für Jason als Au-pair, doch schon bald entwickelt sich zwischen den beiden mehr als ein Arbeitsverhältnis. 2011 heiratet das Paar und zieht mit den Kindern in die USA.
Am 2. August 2015 geht bei der Polizei ein Notruf ein. Mollys Vater Tom Martens (ein ehemaliger FBI-Agent) bittet für seinen Schwiegersohn um Hilfe. In der Aufzeichnung ist zu hören, wie er sagt: «Er blutet am ganzen Körper, und ich habe ihn vielleicht umgebracht.»
Doch für den 39-jährigen Jason kommt jede Hilfe zu spät. Er kann nur noch tot geborgen werden. In der Netflix-Doku sagt eine Ermittlerin, dass es «einer der blutigsten Tatorte» ist, den sie gesehen hat.
Heute weiss man: An diesem Tag hielt sich Tom im gleichen Haus wie das Ehepaar auf. Jason und Molly sollen sich gestritten haben. Molly behauptet später, dass Jason gewalttätig sein kann, das ist allerdings nicht bewiesen. Als der Schwiegervater Tumulte hört, schnappt er sich einen Baseballschläger und eilt seiner Tochter zu Hilfe.
2017 startet der Prozess gegen Molly und ihren Vater Thomas. Beide plädieren auf nicht schuldig und betonen, sie hätten in Notwehr mit einem Ziegelstein und einem Baseballschläger auf Jason eingeschlagen. Er sei gewalttätig gewesen und habe Molly bedroht und gewürgt.
Die Staatsanwaltschaft argumentiert jedoch, dass Selbstverteidigung eine fragwürdige Erklärung für Jasons Tod sei, da die Autopsie ergab, dass er mindestens ein Dutzend Mal am Kopf getroffen wurde und sein Schädel zerschmettert wurde. Molly und ihr Vater hingegen waren komplett unverletzt, was nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht der Fall sein dürfte, wenn sie wirklich um ihr Leben gekämpft hätten.
Weiter argumentiert die Staatsanwaltschaft, dass Jason geplant habe, Molly zu verlassen und mit seinen Kindern zurück nach Irland ziehen wollte. Molly habe die Kinder, die sie als ihre eigenen betrachtete, aber nicht verlieren wollen – das soll zu Spannungen geführt haben.
Auch gelte Molly nicht als vertrauenswürdig. So soll sie ihren Bekannten und Freunden gegenüber gelogen haben, wie sie Jason kennengelernt habe. Weiter soll sie einigen Leuten erzählt haben, dass Sarah und Jack ihre leiblichen Kinder seien.
Molly und Tom werden schliesslich wegen Totschlag schuldig gesprochen und jeweils zu 20 bis 25 Jahren Gefängnis verurteilt.
Doch das ist nicht das Ende.
Drei Jahre später wird das Urteil aufgehoben und eine Neuverhandlung angeordnet. Im zweiten Prozess 2023 kommt es zu einem Deal: Molly und ihr Vater bekennen sich des Totschlags schuldig und erhalten eine geringere Strafe.
Sechs bis sieben Jahre Haft lautet das neue Urteil. Doch da sie bereits mehrere Jahre in Untersuchungshaft verbracht haben, kommen sie bereits im Juni 2024 auf freien Fuss. Insgesamt waren beide je vier Jahre inhaftiert.
Die Geheimnisse und die Intrigen um den Fall kann auch die Netflix-Doku nicht lüften. War es tatsächlich Selbstverteidigung oder ein kalkulierter Mord? War Molly eine kaltherzige Mörderin oder eine Frau, die verzweifelt versuchte, einem kontrollierenden und missbrauchenden Ehemann zu entkommen, unterstützt von einem Vater, der verzweifelt versuchte, seine Tochter zu retten?
Molly beteuert weiterhin, dass es Selbstverteidigung war, doch es ist bis heute nicht klar, was in dieser Nacht im August 2015 wirklich passiert ist.
Der Dokufilm «A Deadly American Marriage» dauert rund eineinviertel Stunden und ist auf Netflix verfügbar.